Soldatinnen und Soldaten, die von einer PTBS oder einer anderen Einsatzfolgestörung betroffen sind, sowie deren Angehörige sehen sich oft Lebenssituationen gegenübergestellt, in denen sie nicht wissen, wie sie sich richtig verhalten sollen. Mit unserem Ratgeber möchten wir ihnen konkrete Anregungen geben, wie sie in typischen Situationen angemessen handeln können.
Häufig kommt es in Partnerschaften oder im Familienkreis zu Unsicherheiten, wenn es darum geht, wie die seelische Verwundung eines Soldaten oder einer Soldatin im Kontakt zu anderen Menschen kommuniziert werden soll. Manche Menschen zeigen wenig Interesse am Befinden des Betroffenen, andere erwarten ständig detaillierte Informationen und Erklärungen, wieder andere sind irritiert, wenn der Betroffene in ihrer Gegenwart unverständliche Verhaltensweisen zeigt.
Die folgenden drei Grundsätze erleichtern den Umgang mit einer psychischen Einsatzfolgestörung:
Diese Möglichkeiten gibt es, wie eine psychische Erkrankung nach draußen kommuniziert werden kann:
In der folgenden Tabelle sind einige typische Situationen benannt, in denen im Alltag oftmals Erklärungsbedarf gegenüber anderen Menschen besteht und welche Reaktionen darauf möglich sind.
Zu den Symptomen einer PTBS oder einer anderen psychischen Einsatzfolgestörung gehört meist auch der Rückzug aus dem sozialen Umfeld. Partner und Familienmitglieder betroffener Soldatinnen und Soldaten stehen dann oft vor einem Dilemma. Einerseits möchten sie weiterhin mit der erkrankten Person gemeinsam Dinge unternehmen. Andererseits fürchten sie, der Betroffene könnte sie in der Öffentlichkeit in Verlegenheit bringen, indem er beispielsweise Angstreaktionen, Gereiztheit oder ein anderes Verhalten zeigt, für das sie sich schämen. Aus Besorgnis um den Betroffenen möchten sie ihn aber auch nur ungerne alleine lassen, um selbst soziale Kontakte zu pflegen. Dadurch geraten Angehörige nicht selten selbst in die soziale Isolation.
Mit diesen Maßnahmen kann Zurückgezogenheit überwunden werden:
Verbringen Sie möglichst viel Zeit mit Familie und Freunden.
Dabei kann es sich um eine soziale und freudvolle Zusammenkunft handeln, wie ein gemeinsames Essen, ein Ausflug oder ein Spielenachmittag. Oft ergibt sich bei solchen Zusammenkünften die Gelegenheit, ein persönliches Gespräch zu führen. Ermutigen Sie die erkrankte Person, an solchen Treffen teilzunehmen.
Regen Sie die erkrankte Person zur Kontaktaufnahme an.
Für Soldatinnen und Soldaten kann es eine große Hilfe sein, vor allem Kontakte zu aktiven und ehemaligen Kameradinnen und Kameraden zu haben, weil sie sich von diesen am ehesten verstanden fühlen.
Nehmen Sie Möglichkeiten zur sozialen Interaktion wahr.
Vereine oder andere Gruppen bieten eine gute Möglichkeit, regelmäßig mit Menschen zusammenzukommen, mit denen man die gleichen Interessen teilt. Dies können beispielsweise Sportgruppen, Chöre, Religionsgemeinschaften oder auch Zusammenkünfte in der Nachbarschaft oder mit anderen Familien auf dem Spielplatz sein. Darüber hinaus können Sie auch bei einem ehrenamtlichen oder politischen Engagement Ihre Kontakte ausweiten.
Finden Sie Unterstützung bei einer Selbsthilfegruppe.
In Selbsthilfegruppen kommen Menschen zusammen, die das gleiche Problem haben und etwas dagegen unternehmen wollen. Solche Selbsthilfegruppen gibt es auch für Familienangehörige von Soldatinnen und Soldaten. Über entsprechende Angebote informieren die Ansprechstellen zur Familienbetreuung, wie der Sozialdienst der Bundeswehr oder die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e.V. oder die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e. V.
Eine PTBS und andere psychische Einsatzfolgestörungen führen oft zu Schlafstörungen. Betroffene haben Albträume, machen laute Geräusche im Schlaf oder schlafen in der Nacht nur wenig. In einer solchen Umgebung wird es auch für Angehörige schwierig, gut zu schlafen.
Wer sich durch seinen Partner im Schlaf gestört fühlt, probiert am besten die folgenden Maßnahmen aus:
Manchmal schlafen Angehörige schlecht oder gar nicht, weil sie sich um den Angehörigen Sorgen machen.
Dann hilft das:
Generell kann jeder einiges für einen guten Schlaf tun. Die wichtigsten Maßnahmen für einen gesunden Schlaf sind:
Abschalten
Vor dem Zubettgehen sollte bewusst eine ruhige Phase der Entspannung gestaltet werden, die den Übergang von der Aktivität am Tag zur Nachtruhe begünstigt. Denkbar sind folgende Rituale: eine Tasse Tee trinken, lesen oder entspannende Musik hören. Dabei ist es wichtig, Aufregungen und Anspannungen des Tages abzuschütteln, damit sich der Schlaf natürlich entfalten kann.
Alkohol
Alkoholische Getränke können entspannend wirken und dazu führen, dass Menschen sich dösig und schlaftrunken fühlen. Beim Abbau des Alkohols in der Nacht stellt sich aber der gegenteilige Effekt ein und der Schlaf wird ruhelos und unruhig. Besser für gesunden Schlaf ist es, auf Alkohol am Abend zu verzichten.
Essen
Beim Einschlafen verlangsamt sich das Verdauungssystem. Schweres Essen nahe der Bettzeit kann Magenverstimmung und Sodbrennen in der Nacht hervorrufen. Vier Stunden vor dem Schlafengehen sollte nichts mehr gegessen werden. Bei Hunger empfiehlt sich höchstens ein leichter Imbiss.
Aufregung
Vor dem Schlafengehen sollte jegliche Art von Aufregung vermieden werden, zum Beispiel Streitigkeiten oder das Anschauen von Horrorfilmen.
Koffein
Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Cola, schwarzer Tee oder Energydrinks können nach dem Konsum noch vier bis fünf Stunden wirken. Sie sollten deshalb nicht kurz vor dem Zubettgehen getrunken werden.
Nickerchen
Tagsüber zu schlafen bringt den natürlichen Schlafrhythmus durcheinander. Möglicherweise ist man dann zur Bettzeit am Abend nicht mehr müde genug.
Nikotin
Nikotin verlässt den Körper etwa zwei Stunden nachdem es eingeatmet wurde. Um das Verlangen nach Nikotin mitten in der Nacht zu unterbinden, ist es am besten, das Rauchen spätestens zwei Stunden vor der Schlafenszeit einzustellen. Noch besser ist es, das Rauchen ganz aufzugeben.
Schlaftabletten
Die Einnahme eines Schlafmittels sollte nur in Absprache mit einem Arzt erfolgen. Schlaftabletten können bei längerer Einnahmedauer abhängig machen. Manche Mittel können langfristig eingenommen Schlafstörungen auslösen.
Schlafumgebung
Eine schlaffördernde Schlafumgebung sollte ruhig, dunkel, angenehm temperiert (14° bis 18° Celsius) und sicher sein. Lärm und Licht – auch gedimmtes Licht – können den Schlaf stören oder verkürzen.
Im Bett sollten keine Aktivitäten ausgeübt werden, die auch im Wachzustand getan werden. Dazu zählen zum Beispiel lesen, fernsehen, essen, lernen, telefonieren oder den Laptop benutzen. Ansonsten könnte Ihr Gehirn darauf trainiert werden, im Bett wach zu bleiben.
Schlafzeit
Abends erst bei Müdigkeit schlafen gehen, jeden Morgen zur gleichen Zeit aufstehen.
Sport
Sport kann Schlaf sowohl fördern wie auch stören.
Zeit im Blick
Die Uhrzeit vor Augen zu haben, wenn man einschlafen möchte oder nachts aufwacht, erzeugt Druck. Wecker und andere Uhren sollten für die Nachtruhe aus dem Blickfeld geräumt werden.
Wut und Ärger sind Gefühle, mit denen von einer psychischen Einsatzfolgestörung Betroffene häufig zu kämpfen haben. Dies kann auch Familienangehörige belasten und sie selbst in Rage bringen.
Familienangehörige können Wut empfinden, weil
Wer wütend ist, kann nicht klar denken. Es ist schwer, ein Gespräch zu führen und sich verstanden zu fühlen, wenn man verärgert ist. Sie und Ihr Angehöriger können die Wut hinter sich lassen, wenn Sie verstehen, dass für diese Gefühle keiner die Schuld trägt.
Die folgenden Maßnahmen helfen, Situationen zu entschärfen, in denen Wut und Ärger den Umgang miteinander erschweren.
Manche Menschen versuchen, ihre Probleme nach einer Traumatisierung mit Alkohol oder Drogen zu betäuben. Damit laufen sie Gefahr, in eine Abhängigkeit von der jeweiligen Substanz zu geraten. Dies führt dann häufig zu zusätzlichen Problemen im Alltag und im Umgang mit anderen.
Nicht selten greifen auch Angehörige zu Alkohol und Drogen, um den Schwierigkeiten zu entfliehen, die sie mit dem Betroffenen haben. Oder sie wollen dem Angehörigen Gesellschaft leisten und ihm nahe sein, wenn sich dieser der Sucht bedient, um seinen traumabezogenen Erinnerungen und Gefühlen zu entkommen.
Wer merkt, dass er in den Teufelskreis einer Abhängigkeitserkrankung gerät, sollte rechtzeitig handeln und Gegenmaßnahmen ergreifen.
Folgendes ist zu tun, wenn Sie befürchten, die Kontrolle über einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol und Drogen zu verlieren:
Menschen mit traumatischen Erfahrungen fühlen sich oft angespannt. Sie sind stets auf der Hut und beschäftigen sich vornehmlich damit, ihr Lebensumfeld als eine Sicherheitszone einzurichten. Beschäftigt sich eine Person übermäßig mit möglichen Gefahren, kann sich das auf die Menschen in ihrem Umfeld übertragen. Dann können auch sie permanent verunsichert sein.
Einige typische Ängste, die Angehörige von Soldatinnen und Soldaten mit einer einsatzbedingten psychischen Erkrankung haben, sind im Folgenden aufgelistet:
Folgende Maßnahmen können helfen, solchen Ängsten entgegenzusteuern:
Infolge einer psychischen Einsatzfolgeerkrankung kann es dazu kommen, dass der Betroffene bei Zusammenkünften im Familien- oder Freundeskreis sowie in der Öffentlichkeit ein Verhalten zeigt, für das sich seine Angehörigen schämen. Kommt es beispielsweise im Rahmen einer PTBS zu Wutausbrüchen, Flashbacks oder anderen Symptomen, reagieren vor allem Familienmitglieder, die eine solche Erkrankung als ein Zeichen von Schwäche sehen, verlegen oder beschämt.
Verlegenheit und Scham können dazu führen, dass sich Betroffene und auch deren Angehörige zurückziehen und ihre Probleme für sich behalten. Diese Strategie misslingt aber meist. Sie führt in die Isolation, die Menschen werden dann ohne ausreichende Unterstützung zurückgelassen.
Die folgenden Maßnahmen können helfen, Verlegenheit und Scham zu überwinden:
Soldatinnen und Soldaten, die ein Trauma erlebt haben, reden in der Regel nicht gerne über ihr Erlebnis. Angehörige wollen aber meist wissen, was genau passiert ist und wie es ihrem Angehörigen damit geht.
Folgende Maßnahmen können helfen, in ein Gespräch über das Traumaerlebnis zu kommen:
Auch mit Ihrer Körpersprache können Sie positive oder negative Signale an den Gesprächspartner senden.
Einige Beispiele:
Signalisiert Aufmerksamkeit
Motiviert zum Weiterreden
Nachfragen, die nicht nur mit einem Wort – meist ja oder nein – zu beantworten sind.
Beispiele:
„Wie geht es Dir?“ statt „Geht es Dir gut?“
„Wie war das für Dich?“ statt „Das war bestimmt schlecht für Dich?“
Verunsichert
Partnerinnen und Partner sind oft die engsten Bezugspersonen von Soldaten und Soldatinnen, die an einer psychischen Einsatzfolgestörung leiden. Ihre Fähigkeiten zum Zuhören und Reden sind besonders gefordert, wenn es darum geht, den Betroffenen zu verstehen und ihm die eigenen Sorgen und Bedürfnisse verständlich zu machen.
Die folgenden Tipps können helfen, im Gespräch zu bleiben.
c/o Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Scharnhorststr. 13
10115 Berlin